Vor kurzem habe ich als Sprecherin für Strategien gegen Rechts der Grünen Bürgerschaftsfraktion eine Große Anfrage an den Hamburger Senat zum NSU-Komplex gestellt. Die jüngst veröffentlichten Antworten haben uns dabei nochmals deutlich gemacht: Der NSU war keine isolierte Gruppierung, sondern tief in der rechten Szene verwurzelt. Zugleich wurde auch deutlich, wie dringend eine weitergehende Aufarbeitung ist. Um ein klares Bild von Struktur und Rolle rechter Netzwerke zu erlangen, haben wir eine große Aufgabe vor uns: Wir müssen die vorliegenden Informationen über Kontakte, Taten und Ideologien von wissenschaftlicher Seite einordnen lassen und mit bisherigen Erkenntnissen verknüpfen. Genau das soll die wissenschaftliche Studie leisten, die wir nun initiiert haben.

Unser Ziel ist, dass die Hamburger Akten, Dokumente und Datenbestände im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex durch eine unabhängige Stelle unter Berücksichtigung der bestehenden Fragen wissenschaftlich und möglichst interdisziplinär aufgearbeitet werden. Hierfür müssen sowohl die Unterlagen des Landesamtes für Verfassungsschutz als auch der Hamburger Ermittlungsbehörden herangezogen werden.

Neben diesen Unterlagen sollen jedoch auch andere Erkenntnisquellen herangezogen werden können. So soll beispielsweise auch im Rahmen der rechtlichen Vorgaben die Befragung beteiligter Personen zu den Geschehnissen und Ermittlungen rund um den NSU-Mord an Süleyman Taşköprü ermöglicht werden.

Zur Begleitung der wissenschaftlichen Aufarbeitung soll bei der Bürgerschaft ein „Beirat wissenschaftliche Aufarbeitung des NSU-Komplexes“ eingerichtet werden, dessen Mitglieder Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft sind, die durch die Fraktionen bestimmt werden. Als Sprecherin für Strategien gegen Rechts werde ich dem Beirat angehören und die Studie weiter begleiten. Unsere Aufgabe wird es dann sein, die Bürgerschaftspräsidentin bei der Ausarbeitung des konkreten Auftrages und bei der Erstellung regelmäßiger Zwischenberichte zu unterstützen, sowie schließlich den Aufarbeitungsbericht zu beraten und darüber jeweils der Bürgerschaft berichten.

Einen ersten Schritt haben wir auch schon damit getan, ein Löschmoratorium für Akten- und Datenbestände zu beschließen, um auch künftig eine intensive Auseinandersetzung mit den rechtsextremen Strukturen zu gewährleisten. Konkret bedeutet das unter anderem, dass sämtliche vorhandenen Unterlagen des Landesamtes für Verfassungsschutz aus dem Zeitraum 1992-2011, die potenziell einen Zusammenhang mit dem NSU-Komplex aufweisen könnten, dem Staatsarchiv übergeben und von diesem archiviert werden.

Ich habe es schon in meiner Rede in der Bürgerschaft gesagt: Es war ein Fehler, dass zum damaligen Zeitpunkt nie ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des NSU- Komplexes eingesetzt wurde. Ich hoffe sehr, dass wir nun – insbesondere in Anbetracht der fortgeschrittenen Legislaturperiode – ein gutes Instrument umsetzen, um eine wissenschaftliche Aufarbeitung zu ermöglichen.

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